An(ge)dacht

„Denn ein Brot ist es: So sind wir viele ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.“
Korinther 10,17

Die Feier des Abendmahls ist ein Kennzeichen aller christlichen Gemeinden. Auch wenn Kirchen und Freikirchen in vielen Fragen zu unterschiedlichen Erkenntnissen kommen, so eint uns doch die Tatsache, dass wir uns regelmäßig treffen, um miteinander das Abendmahl zu feiern. Wir erleben nicht nur die Gemeinschaft mit denen, die mit uns den Glauben an Christus bekennen. Wir haben die Gewissheit, dass unser Herr selbst gegenwärtig ist. Wir lassen uns immer wieder vor Augen stellen, dass er für uns gekreuzigt wurde, für uns gestorben und vom Tod zu neuem Leben auferweckt worden ist. Durch sein stellvertretendes Leiden und Sterben werden uns die Sünden vergeben; das dürfen wir im Glauben annehmen. Wir haben die Gemeinschaft mit unserem Vater im Himmel. Das hören wir ja immer wieder in der Verkündigung, aber in der Feier des Abendmahls wird uns das in besonderer Weise deutlich. Wir dürfen uns das gegenseitig zusprechen: Christi Leib für dich gebrochen, Christi Blut für dich vergossen! Wir können diesen Zuspruch mit den besonderen Zeichen von Brot und Kelch auch sehen und schmecken. Da ist es gut und glaubensstärkend, wenn wir regelmäßig zusammenkommen, um eben dieses Mahl zu feiern.
Aber, was ist eigentlich mit denen, die nicht kommen können, bzw. nicht mehr kommen können? Was ist, wenn die Kraft nicht mehr ausreicht, das Haus zu verlassen? Was ist, wenn ich krank werde und über eine lange Zeit hinweg stark eingeschränkt bin? Dann erlebe ich, wie sich meine Lebensperspektive verkleinert und ich Gemeinschaft nicht mehr in der gewohnten Weise erleben kann. Sicherlich sind Telefon und Computer gute Möglichkeiten, in Kontakt mit Freunden und Familie zu bleiben, aber sie können in den meisten Fällen persönliche Begegnungen nicht wirklich ersetzen. Bin ich dann, wenn ich das Haus kaum noch verlassen kann, auch von der Abendmahlsgemeinschaft ausgeschlossen?
Nun, das ist keine neue Frage. Bereits im 2. Jahrhundert hat man sich darüber Gedanken gemacht, was mit denen geschehen soll, die nicht mehr am Gottesdienst teilnehmen und demnach auch das Abendmahl nicht mehr feiern können. Justin der Märtyrer schreibt in dieser Zeit ganz schlicht, dass die Diakone bei der Abendmahlsfeier u.a. mit Brot und Wein zu denen geschickt werden, die nicht anwesend sein können. Wie selbstverständlich sind die Kranken und Schwachen im Blick. Sie sollen und dürfen nicht übersehen werden, schon gar nicht bei der Feier des Abendmahls! Das galt auch für die folgenden Jahrhunderte. Jeder sollte die Möglichkeit haben, an Brot und Kelch Anteil zu haben. Irgendwie und irgendwann ist uns diese Selbstverständlichkeit wohl aus dem Blick geraten. Erst langsam entdeckt man diese Möglichkeit als sog. Krankenabendmahl oder Hausabendmahl wieder neu.
Dabei werden die Kranken von zwei oder drei anderen Gemeindegliedern besucht, man hört auf Gottes Wort in Form einer kleinen Andacht, Psalmen werden gebetet und ggf. Lieder gesungen. Das Brot wird gebrochen und der Kelch gereicht. Die Schwachen und Kranken haben so die Möglichkeit, die Gemeinschaft konkret zu erleben und durch das Abendmahl Stärkung zu erfahren. Das wird dann durch einen persönlichen Segenszuspruch noch einmal unterstrichen. Diese Möglichkeit des Krankenabendmahls (bzw. Hausabendmahls) möchten wir wieder neu betonen und ganz konkret anbieten. Wir ermutigen dazu, die Gemeindeleitung und mich als Gemeindepastor anzusprechen. Wir kommen gerne (und nicht nur einmal!) und feiern zusammen das Abendmahl. Das kann zu Hause, aber auch im Seniorenheim geschehen. Ein kurzer Hinweis genügt!
Jeder ist herzlich eingeladen, um so die Gemeinschaft und die Verbundenheit zu erleben, die in besonderer Weise in der Feier des Abendmahls zum Ausdruck kommt. Jeder darf sich zusprechen lassen: Christi Leib für dich gebrochen, Christi Blut für dich vergossen!


Michael Schröder