An(ge)dacht

Mose sagte: „Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen und schaut zu, wie der Herr euch heute rettet!“
2. Mose 14,13

Dumm gelaufen, ganz dumm gelaufen. So könnte man umgangssprachlich das beschreiben, was das Volk Gottes erlebt hat. Gerade wurden sie aus der Sklaverei befreit, gerade haben sie das Eingreifen Gottes hautnah erlebt. Ihnen wurde die Freiheit geschenkt, und die Verheißung wurde erneuert, dass sie in einem besonderen Land und zugleich in der Nähe Gottes leben werden. Und jetzt das! Egal, welchen Schritt sie auch gehen werden, sie sind dem Untergang geweiht. Vor ihnen das Schilfmeer, das sie nicht durchqueren können. Die Alten, Kranken und Kinder werden keine Chance haben. Wenn sie jetzt umdrehen, so laufen sie ihren bisherigen Peinigern, den ägyptischen Soldaten, unweigerlich in die Arme. Es wird keinen Ausweg für sie geben. Gefangen, kein Ausweg, jede Entscheidung wird falsch sein und fatale Auswirkungen haben.
Kein Wunder also, dass sich Unmut verbreitet und die Leute ihre Angst lautstark kundtun. Wieder und wieder wird die Grundsatzfrage gestellt, warum man überhaupt Ägypten verlassen hat. Sicherlich, die Bedingungen waren hart, und die Unterdrückung hat man jeden Tag zu spüren bekommen. Aber – hatte man nicht auch genug zu essen? Konnte man dort nicht auch die Toten in Würde bestatten? Jetzt werden wir in der Einöde untergehen – so die Sorge der Menschen, und es wird keiner von uns übrigbleiben. Warum musste Mose uns diesen Weg führen? Warum hat Gott das zugelassen, dass wir so in der Falle sitzen? Und letzten Endes muss man sich fragen: Hat uns nicht unser Vertrauen auf diesen Gott erst in diese Lage ge-bracht? Ging und geht es uns nicht ohne Glauben besser? Nein, diese Frage ist nicht von der Hand zu weisen. Der Beter des 73. Psalms hat sie beispielsweise in großer Eindringlichkeit gestellt, und sie hat ihn über eine längere Zeit hinweg bewegt.
„Fürchtet euch nicht“ – das kann und darf Mose dem Volk zunächst ausrichten. Bei aller Unsicherheit brauchen die Menschen, die auf Gott vertrauen, keine Angst zu haben. Dieses „fürchtet euch nicht“ zieht sich durch die gesamte Bibel, damit haben sich Menschen getröstet, mit dieser Ermutigung hat vor allem Gott selbst Mut zugesprochen. Wir brauchen auch heute diese Zusage, dass wir keine Angst zu haben brauchen. Wir brauchen Ermutigung, und wir brauchen auch Ermutiger, die sich in brenzligen Situationen von der Sorge nicht anstecken lassen.
Denn dass wir uns nicht fürchten brauchen, hat ja auch Gründe. Mose lenkt den Blick des Volkes auf Gott selbst, auf ihn soll man sich ausrichten. Ja, die Angesprochenen haben sogar allen Grund, stille zu sein. Denn er wird sich als der Helfer erweisen, er wird retten. Wer in einer Sackgasse steckt, der vermag keinen Ausweg zu erkennen. Aber die weitere Geschichte zeigt, dass er Mittel und Wege hat, um seinem Volk zu helfen. Am Ende (2. Mose 14,30) wird festgehalten, dass das Wasser weg ist und sich die Ägypter am Meeresboden befinden.
Auch wenn wir nicht wissen, wie sich die Hilfe einstellen soll, wenn wir keinen Ausweg aus einer verfahrenen Situation sehen, so dürfen wir die Ermutigung hören und sie anderen konkret zusprechen. Wer auf Gott vertraut, der darf auf seine Hilfe rechnen. Er hat Mittel und Wege, die zu retten, die an ihn glauben. Fürchtet euch also nicht!

Dr. Michael Schröder
(Pastor der Freien evangelische Gemeinden Dautphe, Hommertshausen und Mornshausen)